Regulierung
Finanzwirtschaft
Zentrale Bausteine der Transparenzvorschriften für die Finanzwirtschaft
Die Taxonomie-Verordnung gilt auch für die Finanzwirtschaft. Diese soll alle Informationen bezüglich Umsatzerlösen, CapEX und OpEx in einer einzigen Kennzahl verdichten, nämlich der Green Asset Ratio (GAR). Seit 2022 muss die Finanzwirtschaft die GAR für Taxonomie-relevante Risikoposition relativ zu allen anderen Aktiva berichten. Ab 2024 sind Taxonomie-konforme Risikopositionen zu erfassen.
Allerdings sind bereits vor Erlassen der Taxonomie-Verordnung andere wesentliche Transparenzvorschriften für die Finanzwirtschaft rechtswirksam geworden:
Die seit April 2020 rechtsgültige, klimabezogene Referenzwerte-Verordnung (Benchmark Regulation, BMR) und
die seit März 2021 rechtswirksame Offenlegungs-Verordnung (Sustainability Financial Disclosure Regulation, SFDR) als zentraler Baustein der Transparenzvorschriften für die Finanzwirtschaft.
Noch im Gesetzgebungsverfahren sind ein
- Entwurf für eine Erweiterung der Transparenzvorschriften für STS-Verbriefungen in Form eines RTS zu Nachhaltigkeitsangaben vom April 2023 sowie ein
- Entwurf für einen European Green Bond Standard (EuGBS) vom Oktober 2023.
Meilensteine der Transparenzvorschriften bei für die Finanzwirtschaft
Klimabezogene Referenzwerte-Verordnung (BMR)
In welchem Ausmaß tragen strukturierte Anlageprodukte, die zum Beispiel auch Verbriefungen einschließen, zur Erreichung von klimabezogenen Nachhaltigkeitszielen bei? Die seit April 2020 geltende novellierte Referenzwerte-Verordnung (Benchmark-Regulation, BMR) nimmt diesbezüglich klimabezogene Indizes und Referenzwerte in den Blick, die für die Preisbildung von klimabezogenen Anlageprodukten einschließlich Wertpapieren in Form von Verbriefungen verwendet werden sollen. Die Vorgaben gelten allerdings nur für Anlageprodukte und Wertpapiere einschließlich Verbriefungen, die klimabezogene Nachhaltigkeitsziele aktiv bewerben.
Die BMR zielt darauf ab, die Standards bei der Ermittlung von Referenzwerten für THG-Emissionen europaweit zu vereinheitlichen. Die Motivation der Aufsicht ist, einer möglichen Fragmentierung der Kapitalmärkte und Greenwashing entgegenzuwirken.
Die klimabezogene BMR sieht Standards in Form einer EU Climate Transition Benchmark sowie eines EU Paris-aligned Benchmark vor.
- Die EU-Climate Transition Benchmark soll vor allem bei Anlageprodukten wie zum Beispiel bei Fonds, die in Verbriefungen investiert sind, die jeweiligen Erklärungen zum Klimaschutzpfad vergleichbar machen.
- Die EU Paris-aligned Benchmark soll aufzeigen, in welchem Ausmaß ein jeweiliges Anlageprodukt zum Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens beiträgt, den globalen Temperaturanstieg auf 1,5° C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.
Die Standards betreffen insbesondere die Ermittlung von direkten und mittelbaren THG-Emissionen über einen kompletten Produktlebenszyklus.
Offenlegungs-Verordnung (SFDR)
Im November 2019 veröffentlichte die Europäische Kommission die Offenlegungs-Verordnung (Sustainability Financial Disclosure Regulation, SFDR). Sie ist seit Anfang März 2021 rechtswirksam. Ziel der SFDR ist die Stärkung von Markttransparenz bei Anlageprodukten durch Einheitlichkeit bei Terminologie und Berichtswesen. Dies soll Anlegern helfen, nachhaltige Anlageprodukte leichter identifizieren zu können.
Die Offenlegungs-Verordnung nimmt ein breites Spektrum an Marktteilnehmern der Finanzwirtschaft, insbesondere Fondsanbieter und -manager sowie Vermögensverwalter, in die Pflicht. Die SFDR schaut im Gegensatz zur Taxonomie-Verordnung nicht auf Wirtschaftstätigkeiten und entsprechende Einzelpositionen eines Anlageprodukts, sondern nimmt vor allem die Anlagestrategie von Anbietern eines Anlageprodukts in den Blick. Bei allen Anlageprodukten ist in quantitativer und qualitativer Form zu berichten, ob und inwieweit Nachhaltigkeitsziele bei der Konzeption des Anlageprodukts berücksichtigt werden. Diese Berichtspflicht schließt Erklärungen in vorvertraglichen Dokumenten, auf der Internetseite und regelmäßige Offenlegungen ein.
Zur regelmäßigen Offenlegung gehören Berichte über die Asset-Allokation von Anlageprodukten, über Fortschritte auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit und zu quantitativen Angaben über erhebliche Beeinträchtigungen von Nachhaltigkeitszielen. Letztere Informationen zu so genannten Principal Adverse Impacts (PAIs) müssen sowohl auf Ebene des Anlageprodukts als auch auf Ebene des Fondsanbieters und -managers sowie Vermögensverwalters ausgewiesen werden. Die PAIs ähneln dem DNSH-Prinzip der Taxonomie-Verordnung. Allerdings ist im Falle der SFDR das DNSH-Prinzip nicht nur auf die sechs Umweltziele, sondern auch auf weitere Ziele im „Social“-Bereich anzuwenden. Vereinfachungen in der Offenlegung sind jedoch bei Anlageprodukten vorgesehen, die den Bedingungen der klimabezogenen Referenzwerte-Verordnung genügen.
Grundsätzlich soll die Finanzwirtschaft PAIs auf Produkt- und Unternehmensebene unter Berücksichtigung von Anlagen in Verbriefungspositionen bis Ende Juni 2023 für das Berichtsjahr 2022 gemäß Artikel 17 der seit Januar 2023 rechtswirksamen Delegierten Verordnung zur Ergänzung der Offenlegungs-Verordnung vom April 2022 offenlegen.
Anpassungen bei Verbriefungen in Anlehnung an die SFDR
Da Verbriefungen keine Anlageprodukte im engeren Sinne der Offenlegungs-Verordnung sind, haben die ESAs im April 2023 einen finalen Entwurf für ein RTS zu Nachhaltigkeitsangaben für STS-Verbriefungen veröffentlicht. Bisher gilt für ausgewählte STS-Verbriefungen, dass Originatoren ESG-Informationen nach Möglichkeit berichten sollen. Der finale Entwurf für das RTS zu Nachhaltigkeitsangaben bei STS-Verbriefungen schafft hierzu eine Alternative. Dieser optionale Standard soll Investoren helfen, ihren Offenlegungspflichten im Sinne der SFDR auch mit Blick auf Verbriefungen nachkommen zu können. Der voraussichtlich ab 2024 rechtswirksame RTS greift allerdings nur bei ausgewählten STS-Verbriefungen, deren zugrundeliegende Risikopositionen Darlehen für Wohnimmobilien oder Darlehen für Kfz-Käufe oder Kfz-Leasinggeschäfte sind. Eine entsprechende Möglichkeit der Offenlegung für weitere Assetklassen sowie ABCP-Verbriefungen ist nicht vorgesehen.
European Green Bond Standard (EuGBS)
Einen ersten Vorschlag für eine Verordnung über europäische grüne Anleihen (European Green Bond Standard, EuGBS) veröffentlichte die Europäische Kommission bereits im Juli 2021. Ziel des EuGBS ist die Förderung von Markttransparenz bei grünen Wertpapieren. Der EuGBS stellt auf die Verwendung der Erlöse (Use of Proceeds, UoP) ab.
Der Vorschlag der Europäischen Kommission umfasst vier wesentliche Bedingungen für grüne Anleihen gemäß dem EuGBS:
Die durch die Anleihe eingenommenen Mittel sollen vollständig für Wirtschaftstätigkeiten verwendet werden, die mit der Taxonomie-Verordnung übereinstimmen bzw. helfen, Unternehmen Taxonomie-konform zu machen;
durch detaillierte Berichtsanforderungen muss vollständige Transparenz darüber herrschen, wie die Anleiheerlöse verwendet werden;
alle grünen Anleihen gemäß EuGBS müssen von einem externen Prüfer kontrolliert werden. Damit soll sichergestellt werden, dass die Verordnung eingehalten wird und die finanzierten Vorhaben im Einklang mit der Taxonomie-Verordnung sind;
externe Prüfer, die Dienstleistungen für Emittenten gemäß EuGBS erbringen, müssen bei der ESMA registriert sein und von dieser überwacht werden. Dies soll die Qualität und Zuverlässigkeit ihrer Dienstleistungen und Prüfungen sicherstellen, um Anleger zu schützen und Marktintegrität zu gewährleisten.
Für Emittenten der öffentlichen Hand sollen hiervon abweichende Regelungen gelten. Der Rahmen für europäische grüne Anleihen soll zudem für Emittenten von Verbriefungen nutzbar sein.
Behandlung von Verbriefungen im finalen Entwurf für den EuGBS
Der finale Entwurf der EU-Gesetzgeber zum European Green Bond Standard vom Oktober 2023 schließt Verbriefungen explizit mit ein. Verbriefungen im EuGBS unterliegen allerdings zusätzlichen Transparenzanforderungen. Auszuweisen sind der
- Anteil Taxonomie-relevanter Assets im verbrieften Pool,
- Anteil Taxonomie-konformer Assets im verbrieften Pool und der
- Anteil der Assets im verbrieften Pool, die das Do-No-Significant-Harm (DNSH)-Kriterium verletzen.
Der aktuelle Gesetzesentwurf gibt für diese Angaben keine Schwellenwerte vor. Die Verwendung der Erlöse einer Verbriefung unter dem EuGBS muss Taxonomie-konform sein, der verbriefte Pool muss nicht „grün“ sein. Es bleibt daher den Marktteilnehmern überlassen, wie viele „grüne“ Assets eine Verbriefung nach dem EuGBS im Pool enthält. Einzig Markttransparenz soll gewährleistet sein.
Allerdings umfasst der EuGBS nur öffentliche Verbriefungstransaktionen ohne substanzielle Einschränkungen hinsichtlich der Assetklassen.
Entwicklung eines nachhaltigen Verbriefungsrahmenwerks
Im Zuge ihres Vorschlags für einen EuGBS vom Juli 2021 hat die Europäische Kommission die EBA um eine Einschätzung gebeten, ob ein eigenständiges Regelwerk für nachhaltige Verbriefungen geschaffen werden sollte. Die EBA hat Anfang März 2022 ihren entsprechenden Vorschlag zurEntwicklung eines nachhaltigen Verbriefungsrahmenwerks veröffentlicht. Ein solches Rahmenwerk sieht sie bis auf Weiteres als nicht erforderlich an. Die EBA kommt zu dem Ergebnis, dass im Sinne einer einheitlichen Umsetzung für alle Kapitalmarktsegmente auch für Verbriefungen der UoP-Ansatz beim Originator maßgeblich sein soll.
In diesem Zusammenhang macht sie die nachfolgenden Argumente:
- Das frühe Entwicklungsstadium des grünen Verbriefungsmarktes in Europa und der fehlende Marktkonsens könnten dazu führen, dass Anforderungen von Originatoren und Investoren nicht erfüllt werden;
- für einen eher Asset-basierten Ansatz gibt es noch nicht genügend nachhaltige Forderungen, die verbrieft werden können;
- der Standard für Verbriefungen soll im Einklang mit der anstehenden Umsetzung des EuGBS stehen. Es soll kein paralleler, konkurrierender Standard geschaffen werden.
Nach aktuellem Stand kommen die EU-Gesetzgeber der Empfehlung der EBA im Rahmen des EuGBS nach (siehe Behandlung von Verbriefungen im finalen Entwurf für den EuGBS).
Zahlreiche Gesetzgebungsverfahren im Kontext von Sustainable Finance laufen parallel. Nicht immer scheint es eine klare Abstimmung bei den Regulierungen zu geben. Die jeweiligen Transparenzvorschriften hinsichtlich ESG-Informationen sind insbesondere im Falle von Verbriefungen nicht kohärent. Nachhaltige Verbriefungen werden unmittelbar sowohl im Kontext der Verbriefungs-Verordnung (SECR), der Offenlegungs-Verordnung (SFDR) sowie dem European Green Bond Standard (EuGBS) reguliert. Das von den EU-Gesetzgebern in Aussicht gestellte einheitliches ESG Disclosure Framework auch für Verbriefungen erscheint noch fern.